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  August 2021

Während Trotzkisten 1980 sagten: Hoch die Rote Armee in Afghanistan –
und 2001: Verteidigt Afghanistan, Besiegt den US-Imperialismus

Afghanistan: Opportunisten im Schlepptau des Imperialismus

Zur Zeit der sowjetischen Intervention 1980 sagte die damals trotzkistische internationale Spartacist Tendenz, „Hoch die Rote Armee in Afghanistan!“ Obwohl wir „in keiner Weise politisches Vertrauen in die Kremlbürokratie oder die Linksnationalisten in Kabul“ setzten, haben wir dazu aufgerufen, „Für die Ausdehnung der sozialen Errungenschaften der Oktoberrevolution auf die afghanischen Völker!“1 Im Gegensatz dazu schloss sich die große Mehrheit der Linken der imperialistischen Denunziation einer angeblichen „sowjetischen Invasion“ an. Der Pseudotrotzkist Tariq Ali forderte „Sowjetische Truppen raus aus Afghanistan!“ Währenddessen verübten afghanische Islamisten und türkische Maoisten einen beinahe tödlichen Messerangriff auf einem Forum unserer deutschen Genossen. Während wir dem trotzkistischen Programm der militärischen Verteidigung des degenerierten sowjetischen Arbeiterstaates treu blieben, heulte der Chor des „linken“ Antisowjetismus mit den imperialistischen Wölfen.

Als die sowjetischen Truppen 1989 abzogen, jubelten antisowjetische „Sozialisten“ wie Tony Cliffs Socialist Workers Party in Großbritannien: „Der Sieg der Mudschahedin wird die Gegner der russischen Herrschaft überall in der UdSSR und in Osteuropa ermutigen“ (Socialist Worker, 4. Februar 1989). Und so war es, indem die siegreichen Islamisten die Konterrevolution im gesamten Sowjetblock anheizte, die zum Abbau von Frauenrechten und zu den Verwüstungen der wiederhergestellten kapitalistischen Herrschaft führte. Andere nahmen eine zweideutige Haltung ein. Die Reaktion echter Trotzkisten war dem diametral entgegengesetzt: Wir prangerten den Rückzug des Kreml als „kaltblütigen Verrat an den afghanischen und sowjetischen Völkern“ an, warnten, dass „das Recht von Frauen, lesen zu lernen, die Freiheit vom Schleier, Freiheit von der Tyrannei der Mullahs und Landbesitzer“ in Gefahr sei, und machten der afghanischen Regierung ein „dringliches Angebot", dass wir bereit seien, „eine internationale Brigade zu organisieren, um bis auf den Tod für die Verteidigung dieser Rechte in Afghanistan zu kämpfen.“2

Es folgten im Jahre 1992 der Sturz des PDPA-Regimes durch die von den USA unterstützten Mudschahedin, die Einführung der Scharia und die Rücknahme von Frauenrechten, Landreformen und anderen demokratischen Errungenschaften inmitten eines blutigen Bürgerkriegs zwischen den verschiedenen islamistischen Gruppierungen; dann 1966, der Sieg der Taliban, die versprachen, dem Chaos und der Korruption ein Ende zu setzen; und 2001, die von den USA angeführte imperialistische Invasion als Vergeltung für die Anschläge vom 11. September in den USA. Die Internationalistische Gruppe und die Liga für die Vierte Internationale erklärten: „Proletarische Revolutionäre lehnen den wahllosen Terror, der von den Flugzeugentführern verübt wurde, kategorisch ab, der groteskerweise das Leben mehrerer Tausend normaler arbeitender Menschen vernichtet“, und riefen in einer Erklärung vom 14. September 2001 gleichzeitig dazu auf: „Besiegt den Imperialismus!“ und „Verteidigt Afghanistan und den Irak!“

Anhänger des Pseudotrotskisten Ernest Mandel (oben) und des Renegats vom Trotzkismus Tony Cliff stimmten 1980 mit den Imperialisten überein: „Sowjetische Truppen raus aus Afghanistan!“

Die Reaktion der opportunistischen Linken bestand stattdessen überwiegend darin, sich dem Aufschrei gegen den Terrorismus anzuschließen und eine offene Verurteilung des imperialistischen Krieges zu vermeiden. Das Komitee für eine Arbeiterinternationale (Committee for a Workers International, CWI) schrieb in einer Erklärung vom 14. September 2001, dass „die US-‚Sicherheits‘-Dienste in die falsche Richtung blicken und immer noch eine Version des ‚Kalten Krieges‘ weiterführen“; es beschwerte sich über die „unfähige Führung“ der Bush-II-Regierung und sprach nicht vom imperialistischen Terror, sondern von der „Sinnlosigkeit des Terrorismus“. Socialist Alternative (SAlt), der US-Ableger des CWI, überschrieb seine Erklärung (18. September 2001) mit „End the Cycle of Terrorism“ (Beendet den Kreislauf des Terrorismus) und erklärte: „Die Amerikaner sind zu Recht und verständlicherweise wütend und fordern eine Art von Gerechtigkeit. Aber was werden militärische Vergeltungsmaßnahmen und eine Invasion eines anderen Landes tatsächlich bewirken?“

Diese und andere opportunistische linke Tendenzen forderten die Imperialisten auf, eine andere Politik zu verfolgen, anstatt den Imperialismus rundheraus abzulehnen. Die inzwischen ex-trotzkistische Spartacist League und ihre Internationale Kommunistische Liga (SL/IKL) betonte in ihrer Erklärung vom 14. September 2001 zu den Anschlägen vom 11. September 2001 ebenfalls ihre Ablehnung des „Terrorismus“, rief aber demonstrativ nicht zur Verteidigung des Irak oder zur Niederlage des Imperialismus auf. Als sie einen Monat später dazu kam, zur Verteidigung Afghanistans aufzurufen, griff die zentristische (und heute scheinbar moribunde und zunehmend gestörte) SL/IKL wütend die von langjährigen führenden ex-Spartacist-Mitgliedern gegründete Internationalist Group an, weil sie den leninistischen Aufruf zur Niederwerfung des Imperialismus unterstützte.

In einer ungeheuerlichen Lüge beschuldigte Workers Vanguard, Zeitung der SL, (26. Oktober 2001) die IG, „die falsche Karte des Antiamerikanismus zu spielen“ und an „ ‚Dritte-Welt‘-Nationalisten zu appellieren, für die der ‚einzig gute Amerikaner ein toter Amerikaner ist‘“ (siehe unseren Artikel „ICL Refuses to Call for Defeat of U.S. Imperialism, ‚Anti-American‘ Baits the Internationalist Group“, in The Internationalist Nr. 12, Herbst 2001). Besonders in der damaligen Kriegshysterie kam diese groteske Verleumdung einer Einladung zu gewaltsamen Angriffen und/oder staatlichen Repressionen gegen uns gleich. Es war auch ein Vorgeschmack auf den Verrat der SL/IKL, als sie die US-Invasion von Haiti nach dem Erdbeben 2010 unterstützte und behauptete, die Besatzungstruppen würden nur Katastrophenhilfe leisten. Nachdem sie die IG/LFI monatelang gegeißelt hatte, gab sie zu, dass ihre Linie tatsächlich sozialpatriotisch war.

Wie wir im September 2001 zu Beginn des US-Krieges gegen Afghanistan schrieben, „Inmitten der Hysterie ruft die Internationalist Group und die Liga für die Vierte Internationale dazu auf, auf der Seite der Opfer des Imperialismus zu stehen.“ (The Internationalist Nr. 12). Und wie wir betont haben, als der Demokrat Barack Obama den US-Terrorkrieg von Afghanistan und Irak auf Syrien ausdehnte, nachdem dieser Krieg den Islamischen Staat hervorgebracht hatte:

„Als Leninisten und Trotzkisten stehen wir an der Seite der Unterdrückten, im Kampf um die Befreiung ihrer Länder von kolonialer und imperialer Herrschaft. Dazu gehört auch, dass wir uns auf die Seite der Kämpfe selbst reaktionär geführter Kräfte stellen, wenn sie gegen den Imperialismus kämpfen, wie es Marx und Engels beim Sepoy-Aufstand von 1857 gegen die britische Herrschaft in Indien taten (siehe unseren Artikel „Marx on the Sepoy Revolt“, The Internationalist Nr. 21, Sommer 2005); sowie es Marx‘ Anhänger William Morris beim Mahdi-Aufstand gegen die Briten im Sudan in den 1880er Jahren tat; und wie es Lenin beim Boxeraufstand von 1900 in China tat (siehe „Lenin on the 'Boxer Rebellion'", The Internationalist Nr. 21).“
–„For Workers Action to Defeat Barack Obama's Iraq/Syria War“, The Internationalist Nr. 38, Oktober 2014

Wir wiesen auch auf Leo Trotzkis Aufruf von 1936 hin, das feudale Äthiopien, selbst unter dem Sklavenhalterkaiser Haile Selassie, gegen den italienischen Imperialismus zu verteidigen.

Gleichzeitig betonten wir, dass unser Kampf gegen den Imperialismus mit proletarischen Mitteln geführt werden muss, und riefen auf zu „Aktionen der Arbeiterklasse gegen die Kriegstreiberei und ihre Folgen für die Werktätigen", wie wir 2001 schrieben. Im darauf folgenden Jahr riefen wir die Hafenarbeiter an der US-Westküste in der International Longshore and Warehouse Union (ILWU) dazu auf, Kriegsmaterial, das in den Nahen Osten verschifft werden sollte, „als heiße Ware“ zu behandeln (sich zu weigern, es umzuschlagen). Bei der Invasion des Irak riefen wir zu Arbeiterstreiks gegen den Krieg auf. Als sich die Besetzung des Irak und Afghanistans hinzog, riefen wir Jahr für Jahr dazu auf, bis die ILWU 2008 zu einem Streik am ersten Mai unter dem Motto „Stoppt den Krieg im Irak und in Afghanistan“ aufrief, der alle Häfen an der Pazifikküste stilllegte. Am Aufbau des Streiks war die IG maßgeblich beteiligt.3 ■


  1. 1. Sowjettruppen gegen afghanische Mullahs: Sieg der Roten Armee! Kommunistische Korrespondenz Nr. 29, Februar 1980
  2. 2. Siehe „Schlacht um Afghanistan“ und „Für internationale militärische Unterstützung der afghanischen Regierung!“ Spartakist Nr. 61, April/Mai 1989. Die afghanische Regierung lehnte aus Besorgnis , Washington nicht zu verärgern, unser Angebot ab.
  3. 3. Siehe „May Day Strike Against the War Shuts Down All U.S. West Coast Ports“, The Internationalist Nr. 27, Mai-Juni 2008.