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  April 2018

Imperialisten raus aus dem Nahen Osten!

USA/NATO: Lasst eure blutigen
Krallen von Syrien!

Bundeswehr raus aus Afghanistan, Balkan und Nahost!


Die Internationalist Group/U.S. protestierte sofort vor dem Trump Tower in New York City gegen den US-­Raketenangriff auf Syrien: „Verteidigt Syrien, nieder mit dem US-Imperialismus!“ (Internationalist Group/AP)

Nachfolgend übersetzen wir eine Erklärung unserer Genossen der Internationalist Group/U.S., Sektion der Liga für die Vierte Internationale.

15. APRIL – Am Samstag (14. April), gegen 4 Uhr morgens (Freitagabend in den USA), beschossen die Vereinigten Staaten, Großbritannien und Frankreich Syrien mit Raketen. Die Internationalist Group, US-Sektion der Liga für die Vierte Internationale, reagierte sofort, und innerhalb von zwei Stunden nach Bekanntmachung der Bombardierung protestierten Mitglieder der IG und der Jugendgruppe Revolutionary Internationalist Youth vor dem Trump Tower in Manhattan, das Hauptquartier von US-Präsident Donald Trump. Auf unseren Plakaten stand: „Verteidigt Syrien, besiegt den US-Imperialismus!“, „USA/NATO-Imperialisten, lasst eure blutigen Krallen von Syrien!“ und „Trump & Clinton, imperialistische Kriegstreiber – Schmeißt USA/NATO raus aus Syrien!“

Spätere Antikriegsdemonstrationen stellten Forderungen wie „USA, Hände weg von Syrien“, „Kein Krieg in Syrien“ und ähnliches auf, was vermeidet, in der Schlacht eine Seite zu beziehen. Es handelt sich um liberale und reformistische Appelle für eine „friedvollere“ Außenpolitik der US-Imperialisten, im Gegensatz zum revolutionären Aufruf, Syrien zu verteidigen und den westlichen Imperialisten eine Niederlage zu bereiten. Nach dem Vorbild von W.I. Lenins Bolschewiki in Russland, ist es seit dem ersten imperialistischen Weltkrieg ein grundlegendes Prinzip für revolutionäre Marxisten, auf der Seite angegriffener kolonialer- und halbkolonialer Länder zu stehen, und dafür zu kämpfen, die imperialistischen Aggressoren zu zerschmettern. Jedwede Schläge gegen die US/NATO-Imperialisten und ihre Verbündeten in Syrien, sind im Interesse der internationalen Arbeiterklasse.

Nach einer Woche von kriegslüsternen Tweets aus dem Weißen Haus, erschien der tatsächlicher Angriff vielen antiklimaktisch. Er war in vielerlei Hinsicht eine Wiederholung des US-Raketenangriffs auf eine syrische Luftwaffenbasis vom April 2017, sogar in Bezug aufs Timing – nur, dass dieses Mal ungefähr doppelt so viele Tomahawk-Marschflugkörper eingesetzt wurden. Letztes Jahr schafften die USA es, einen Hangar zu beschädigen, aber nach nur einem Tag flogen syrische Jets wieder von derselben Basis aus. Resultat: Null. Dieses Mal trafen sie zwei leere Lagerhäuser und Syriens Forschungsinstitut für die Pharma- und Chemieindustrie, das auf die Herstellung von (wegen imperialistischer Sanktionen knappen) Krebsmedikamenten spezialisiert ist. Resultat: Zwei mal Null = Null. Aber die Gefahr, die dieser Angriff und die imperialistische Kampagne gegen Syrien repräsentiert, ist weit größer.


Syrische Flugabwehrraketen beantworten imperialistischen Angriff, 14. April. Das russische Militär berichtete, dass von 103 Marschflugkörpern, die USA, Frankreich und Großbritannien abgefeuert hatten, 71 von der syrischen Luftverteidigung abgeschossen wurden. (Hassan Ammar/AP)

Zum Teil war der Angriff auch eine Ablenkung von Trumps innenpolitischen Schwierigkeiten, von der FBI-Untersuchung mutmaßlicher russischer Einflussnahme auf die US-Wahlen 2016, und von der Untersuchung von Schweigegeldzahlungen im Rahmen der Wahlkampagne an Frauen, die sagten, Affären mit Trump gehabt zu haben (was zu einer frühmorgendlichen FBI-Razzia im Büro von Trumps persönlichem Anwalt führte). Es erinnerte viele an den Film Wag the Dog von 1997, in dem ein gewiefter Medienberater einen Krieg fabriziert, um von ­einem Sexskandal des Präsidenten abzulenken. Gleich im folgenden Jahr bombardierte der demokratische Präsident Bill Clinton Serbien inmitten seines Amtsenthebungsverfahren wegen der Monica-­Lewinsky-Affäre. Der aktuelle Raketenangriff Trumps geschah mitten in der Kontroverse über seine Beziehung zu der Pornodarstellerin Stormy Daniels, weswegen ein Komiker ihn bereits „Operation Desert Stormy“ genannt hat.

Aber welche persönlichen Faktoren den notorisch unberechenbaren US-Oberbefehlshaber auch beeinflusst haben mögen, der imperialistische Angriff verschärft die bereits extrem angespannte Situation in Syrien, wo verschiedene widerstreitende Mächte ihre Truppen in nächster Nähe zu einander haben. Ein Fehltritt (oder eine bewusste Provokation) könnte zu einem weit größeren Flächenbrand führen. Der Nahe Osten befindet sich schon an der Schwelle zu einem Regionalkrieg, wobei Israel, die USA und Saudi-Arabien (zusammen mit anderen Golfstaaten) gegen Syrien, Iran und Russland stehen. Unterdessen ist das NATO-Mitglied Türkei in Nordsyrien eingedrungen. UNO-Generalsekretär António Guterres warnte nur Stunden vor dem Angriff von Samstag: „Der Kalte Krieg ist zurück, schlimmer denn je und mit einem Unterschied.“

Ein riesiger Unterschied zur heutigen Situation ist, dass der Kalte Krieg, der nach dem zweiten Weltkrieg für fast ein halbes Jahrhundert die Weltpolitik dominierte, eine vereinte imperialistische Front gegen die Sowjetunion war. Revolutionäre Marxisten (Trotzkisten) und klassenbewusste Arbeiter standen für die bedingungslose Verteidigung des sowjetischen bürokratisch-degenerierten Arbeiterstaats. Nach der Konterrevolution im Sowjetblock 1989-92, sieht sich das kapitalistische Russland, eine Regionalmacht, einer nicht allzu vereinten imperialistisch geführten Front gegenüber. UN-Chef Guterres bemerkte: „Die Mechanismen und Kontrollen, die existierten, um Eskalation zu verhindern, scheint es nicht länger zu geben.“ Und die militärische Konfrontation heute ist heiß, und droht noch viel heißer zu werden.

Wie der Londoner Guardian (15. April) anmerkte, sind US-Truppen in Syrien nur noch einen Granatenwurf weit entfernt von Russen und Iranern, und dieses Wochenende flogen Raketen und Flugzeuge der USA, Großbritanniens und Frankreichs gegen das syrische Regime. Im Vergleich zu Krisen im Kalten Krieg fügte der Guardian hinzu: „Es gibt weniger Kommunikation zwischen Washing­ton und Moskau, und es gibt nicht länger nur zwei Spieler im Spiel, sondern ein dichtes Gedränge von Großmächten im Niedergang und aufstrebenden mittelrangigen Mächten. Auf einem derart überfüllten Schlachtfeld eigene nationale Interessen ohne Kollisionen mit anderen zu verfolgen, wird immer schwerer.“ Nach den neuesten Säuberungen innerhalb des Trump-Regimes, scheinen besessene Kriegstreiber, wie der neue Berater für nationale Sicherheit John Bolton, die Oberhand zu haben

Viele Vergleiche wurden angestellt mit den Balkankriegen in Südosteuropa am Vorabend des Ersten Weltkriegs, wo wichtige imperialistische Mächte verwickelt waren und die Ermordung des österreichischen Erzherzogs Ferdinand in Sarajewo 1914 das Gemetzel auslöste, dass geschätzte 17 Millionen Menschenleben kostete. Oft wird Behauptung, der Erste Weltkrieg sei ein „Unfall“ gewesen. In Wirklichkeit bereiteten sich alle Großmächte auf Krieg vor, dachten aber alle, eine Strategie zu haben, ihn kurz und überwältigend zu machen. Deutschlands Schlieffen-Plan sah Blitzangriffe vor, die Franzosen verließen sich auf ihre Maginot-Linie von Festungen. Heute scheinen Kriegsplaner in Washing­ton anzunehmen, dass sie in Korea oder Nahost ungestraft zuschlagen können. Nordkoreas Atomwaffen machen es zu einem gefährlicheren Schauplatz für einen Probelauf. Also schlägt Trump zuerst in Syrien zu.

Trotzkisten fordern die Verteidigung Syriens gegen imperialistische Angriffe, wobei wir das Assad-Regime nicht politisch unterstützen. Proletarische Revolutionäre sind auch für die Verteidigung des deformierten Arbeiterstaats Nordkorea gegen die räuberischen US-Imperialisten, die im Koreakrieg (der nie offiziell beendet wurde) ab 1950 das Land verwüsteten. Insbesondere unterstützen wir Nordkoreas Recht, Atomwaffen zu entwickeln und zu besitzen, die eine entscheidende Abschreckung für einen neuen imperialistischen Angriff darstellen

Chemiewaffen-Angriffsvorwand ist eine imperialistische Lüge

Der Angriff von USA, Britannien und Frankreich auf Syrien wurde angekündigt als Vergeltung für einen angeblichen Chemiewaffen-Angriff auf die Bevölkerung eines Vororts von Damaskus am 7. April, für den die syrische Regierung beschuldigt wird. Dies ist eine imperialistische Lüge, und sehr wahrscheinlich eine von Anfang an inszenierte Provokation. Am Tag vor dem Raketenangriff hatte US-Kriegsminister Mattis gesagt, dass die USA noch immer nach Beweisen suchten, ob chemische Waffen eingesetzt wurden, und wenn ja, von wem. Aber dann behaupteten Weißes Haus und Nikki Haley (US-Botschafterin bei der UN), sie hätten ungenannte Beweise, und die Raketen wurden abgeschossen. Tatsächlich hat das Regime von Baschar al-Assad, so unterdrückerisch es auch sein mag, keine Chemiewaffen gegen Zivilisten in Duma eingesetzt

Erstens sind keine Beweise verfügbar, dass Todesfälle von chemischen Waffen verursacht wurden, obwohl das möglich ist. Fotos der Weißhelme (eine vermeintliche Zivilschutzgruppe, finanziert von Britannien und USA, verbunden mit Al-­Qaida-Dschihadisten) behaupten Symptome zu zeigen (Schaum vorm Mund), die nicht zur angeblich genutzten chemischen Substanz passen (Chlor). Dann veröffentlichten die Weißhelme ein Video, das eine Rakete mit einem angeblich chemischen (fehlgezündeten) Sprengkopf auf einem Bett zeigte. Wo sie doch angeblich durch die Decke gekracht war (ein Loch wurde gezeigt), wie kann sie einfach (horizontal) auf dem unbeschädigten Bett liegen? Das war eindeutig gestellt.

Zwei Tage nach dem gemeldeten Angriff besuchten Chemiewaffenexperten des Russischen Zentrum für Versöhnung in Syrien den Ort des angeblichen Angriffs in Duma und fanden keine Spuren von Chlor oder anderen giftigen Chemikalien. Später veröffentlichte das russische Militär ein Video von Medizinern des Krankenhauses von Duma, die bestritten, dass irgendwelche Patienten am 7. April Anzeichen von chemischer Vergiftung gezeigt hätten, und die zeigten, dass ein weit verbreitetes Video von Provokateuren inszeniert wurde, indem sie ins Krankenhaus stürmten und Panik verbreiteten.

Zweitens hatte Assad (den Trump als „Tier“ bezeichnet) kein Interesse an einem chemischen Angriff, der mit hundertprozentiger Wahrscheinlichkeit Forderungen nach imperialistischer Intervention produzieren würde. Die syrische Regierung war dabei, den Krieg in den Vororten von Damaskus zu gewinnen, drei Viertel der von islamistischen Banden gehaltenen Gebiete waren schon geräumt; sie hatte bereits tausende Menschen aus Duma nach Idlib evakuiert; und am Tag vor dem Zwischenfall hatte sie eine vorläufige Vereinbarung für einen Waffenstillstand und eine Evakuierung der Verbliebenen mit Teilen der Dschaisch al-Islam (Armee des Islams) erreicht, die das Gebiet beherrschte. Kompromisslose Dschihadisten, die diese Möglichkeit ruinieren wollten, hatten jedes Interesse daran, zu versuchen, eine westliche Intervention zu provozieren, nach der sie bereits tagelang gerufen hatten.

Außerdem hatte das russische Militär mehrmals (am 26. Februar, 3. März und 13. März) von der Entdeckung chemischer Waffenlabors in den Vororten von Ost-Ghuta berichtet, die kürzlich den islamistischen Banden wieder abgenommen worden waren, und davor gewarnt, dass eine Provokation in Arbeit war. Es war wenig überraschend, dass die UN und die Organisation für das Verbot chemischer Waffen (OPCW) nicht reagierten. Die OPCW ist ein Instrument der Imperialisten. Der OPCW-Chef ist ein türkischer Beamter, der früher türkischer Botschafter in Israel und Repräsentant bei der NATO war. Der UN-Chefermittler für chemische Waffen in Syrien ist wiederum Edmond Mulet, der als Kopf der Besatzungstruppen in Haiti leugnete und vertuschte, dass UN-Soldaten die Cholera eingeschleppt hatten. Cholera-Mulet kann man bei der Beurteilung, wer in Syrien Chemiewaffen eingesetzt hat, nicht trauen.

Auch bei Trumps Vorwand für den vorigen Raketenangriff auf Syrien, dem Vorfall in Chan Schaichun im April 2017, setzte die syrische Regierung keine Chemiewaffen ein (siehe „USA/NATO/Bundeswehr: Raus aus Nahost! Verteidigt Syrien gegen imperialistische Angriffe!“, Permanente Revolution Nr. 1, Sommer 2017). Theodore Postol, Wissenschaftler und Chemiewaffenexperte am Massachusetts Institute of Technology, zeigte eindeutig, dass die dort verwendeten Chemikalien vom Boden aus freigesetzt wurden, nicht von einer Bombe eines syrischen Flugzeugs. Der „Krater“, den die vermeintliche Bombe hinterlassen haben sollte, war nicht größer als ein durchschnittliches Schlagloch in den Straßen von Queens. Die von den Weißhelmen gelieferten Fotos zeigen „Rettungskräfte“ ohne jedwede Schutzausrüstung, die Leichen mit Wasser abspülen. Wenn dies Opfer von Sarin gewesen wären, wären diese Arbeiter gestorben

Ebenfalls war die syrische Regierung nicht verantwortlich für den Chemiewaffenangriff im August 2013 in Damaskus, für den sie von den westlichen Imperialisten beschuldigt wurde. Sie drohten auch damals, Syrien zu bombardieren, machten aber im letzten Moment einen Rückzieher. Das Assad-Regime hätte verrückt sein müssen, so einen Angriff genau in dem Moment zu starten, in dem UN-Experten in Damaskus ankamen, um Vorwürfe von Chemiewaffeneinsätzen zu untersuchen. Der Enthüllungsjournalist Seymour Hersh deckte auf, dass der türkische Geheimdienst (M?T) die Chemikalien zur Herstellung von Saringas für syrische Dschihadisten beschafft hatte. Der russische Präsident Wladimir Putin sagte prägnant, dass die Behauptungen über Chemiewaffeneinsätze der syrischen Regierung, genau genommen „großer Scheiß“ sind.

Imperialisten drohen, regionalen Krieg auszulösen – oder mehr

Verschiedene linke Gruppen behaupten, eine „syrische Revolution“ zu unterstützen, verkörpert von vermeintlichen „zivilgesellschaftlichen Gruppen“, die 2011 aufbegehrten. Keine solche Revolution ist im Gange. Die Revolte gegen das Assad-Regime im März 2011 verwandelte sich schnell in einen islamistischen Aufstand. Heute gibt es in Syrien gleichzeitig mehrere Kriege, die sich überlagern, was die wechselnden Loyalitäten erklärt und eine komplexe Situation schafft, besonders für die syrische Bevölkerung. Diese hat hunderttausende Tote zu beklagen, meist Regierungsanhänger, die von Dschihadisten getötet wurden.

Vor allen Dingen gibt es einen imperialistischen Angriff auf Syrien, ursprünglich fokussiert auf den Islamischen Staat (IS). Seit der IS letztes Jahr dezimiert (aber nicht völlig besiegt) wurde, richten die USA ihr Arsenal zunehmend gegen die syrische Regierung. Die Internationalist Group und die Liga für die Vierte Internationale haben von Anfang an die Niederlage der US-geführten Imperialisten gefordert. Wir sagen auch, dass jeder militärische Schlag gegen den US-Imperialismus, inklusive durch reaktionäre Islamisten wie den IS, im Interesse der Werktätigen der Welt ist. IG und LVI streben danach, die US/NATO-Imperialisten aus Nahost rauszuschmeißen, u.a. durch Arbeiteraktionen im imperialistischen Kernland (Streiks gegen den Krieg; Weigerung, Kriegsgüter zu transportieren), genau wie wir vom Start weg gegen die US-Invasion und Besetzung von Afghanistan und Irak waren.1

Es gibt gleichzeitig einen sektiererischen/kommunalen Bürgerkrieg, in dem sunnitische Islamisten verschiedene der zahlreichen religiösen und ethnischen Minderheiten in Syrien angegriffen haben, besonders die Alawiten, die die syrische Regierung des Präsidenten Baschar al-Assad dominieren, aber auch Kurden, Drusen, ismailitische Schiiten, Zwölferschiiten, Griechisch-Orthodoxe, Maroniten, armenische und syriakische Christen, Jesiden und andere. Das Assad-Regime konnte bestehen bleiben, weil es nicht nur starke Unterstützung von den Alawiten hat (und von Schlüsselsektoren der sunnitisch-arabischen Bourgeoisie, sowie auch von vielen städtischen Sunniten, die nicht unter islamistischer Herrschaft leben wollen), sondern auch von vielen anderen ethnischen/religiösen Minderheiten, die zu Recht befürchten, dass sie massakriert werden würden, sollten die sunnitischen Islamisten den Bürgerkrieg gewinnen, wie in Libyen.

Wir sind für die Niederlage aller Seiten im kommunalen Bürgerkrieg in Syrien, da der Sieg einer jeden Seite wahrscheinlich zu einem Pogrom gegen die anderen führen würde, oder zu massiven Zwangsumsiedlungen. Gleichzeitig verteidigen wir das Recht auf kommunale Selbstverteidigung für alle religiösen und ethnischen Gemeinschaften, die existenziell bedroht werden.

Ferner gibt es den kurdischen Kampf für die Einrichtung eines kurdischen Autonomiegebiets (Rojava). Aber nachdem dies Anfang 2015 erreicht wurde, haben die kurdischen YPG-Milizen im Bündnis mit den US-Imperialisten beim Kampf gegen den Islamischen Staat dieses Gebiet auf überwiegend arabische Regionen ausgeweitet. IG/LVI verteidigen das Recht der Kurden auf Selbstbestimmung und ihren Kampf für ein Heimatland – wir fordern eine Sozialistische Republik Vereinigtes Kurdistan. Während die YPG und die von ihr dominierten Demokratischen Kräfte Syriens (SDF) jedoch als Fußsoldaten für die US-Imperialisten handeln, indem sie überwiegend arabische Regionen erobern, sind wir für ihre Niederlage und haben zur Verteidigung jener Gebiete (insbesondere Rakka, die ehemalige „Hauptstadt“ des Islamischen Staats) gegen den imperialistischen/kurdischen Angriff aufgerufen. 2

Mit den islamistischen Banden (und alle syrischen bewaffneten „Rebellen“ sind auf die eine oder andere Art islamistisch) handelt es sich um einen Krieg bis zum Tod: Sie würden Kommunisten abschlachten, wie sie es in Afghanistan taten (wo sie vom US-Imperialismus unterstützt wurden, wie auch in Syrien). Diese Banden bedeuten eine tödliche Gefahr für Säkularismus und jedwede Art von demokratischen Rechten. Eine proletarische Revolution würde sie nicht nur militärisch, sondern auch durch Klassenkampf zerschmettern, der die städtischen und ländlichen Armen für sich gewinnen kann, die oft von den ­Islamisten angezogen werden.

In den letzten zwei Jahren gab es eine große russische Intervention, die im Bürgerkrieg erfolgreich das Blatt zugunsten der Assad-Regierung gewendet hat. Wir fordern nicht den Abzug der Russen, da dies objektiv den US/NATO-Imperialisten und den dschihadistischen Gruppen helfen würde, die sie unterstützten (sowie denen, die sie ablehnen, also dem IS). Wenn die USA und ihre NATO-Verbündeten die russischen Kräfte in Syrien direkt angreifen, sind wir für deren Verteidigung gegen den Imperialismus. Aber wir unterstützen nicht die Handlungen der russischen Streitkräfte, die heute das Assad-Regime im ethnisch/kommunalen Bürgerkrieg stützen, und morgen versuchen könnten, eine Koalitionsregierung mit irgendwelchen „gemäßigten“ islamistischen Banden durchzusetzen. Außerdem hat der russische Präsident Wladimir Putin wiederholt angeboten, Teil einer Koalition mit den USA im imperialistischen „Krieg gegen Terror“ zu sein, der die Region terrorisiert.3

Obendrein gibt es seit Anfang 2018 eine türkische Invasion im Norden. Wir sind für die Verteidigung der kurdischen Gebiete (wie Afrin) gegen den Angriff der Türkei, die ein Teil des imperialistischen NATO-Bündnisses ist. Aber in den Gebieten, in denen kurdische Kräfte eine arabische Bevölkerung beherrschen (wie in Manbidsch oder entlang des Ostufers des Euphrats), kann sich die YPG nur wegen ihres Bündnisses mit dem US-Militär halten. Dort sind Trotzkisten für Defätismus auf beiden Seiten in Zusammenstößen zwischen YPG/SDF und ihren US-Verbündeten einerseits und türkischen Streitkräfte mit verbündeten syrischen Islamisten andererseits.

Während die Schlachtfelder Syriens vielschichtig und komplex sind, kämpft die IG/LVI in jedem Fall für das Programm der permanenten Revolution, aufgestellt von Leo Trotzki und verkörpert von der bolschewistischen Revolution von 1917. Wir sind für Arbeiterrevolution in der ganzen Region. Da die syrische Arbeiterklasse durch den Bürgerkrieg weitgehend zerstört wurde, sind die wesentlichen Kräfte, für die Umsetzung dieses revolutionären Programms, das ägyptische und besonders das türkische Proletariat. Wir verteidigen die Palästinenser gegen den zionistischen Unterdrückerstaat, und verlangen das Ende der mörderischen Belagerung des Gazastreifens, wo das israelische Militär kürzlich dutzende friedliche Demonstranten massakriert hat. Wir sind für einen arabisch/hebräischen Arbeiterstaat in Palästina, durch gemeinsamen Kampf der hebräischsprachigen und arabischen Arbeiter gegen ihre kapitalistischen Herrscher, als Teil einer sozialistischen Föderation des Nahen Ostens.

Der US/NATO-Angriff auf das syrische Regime ist Teil einer imperialistischen Offensive, die die syrische Regierung dämonisieren will, um sie zu stürzen. Ein Hauptgrund dafür ist, dass Syrien historisch Teil einer „Widerstandsfront“ gegen Israel war und insbesondere mit dem Iran verbündet ist, den die Zionisten als ihren Hauptfeind anvisieren (genau wie es die Saudis tun). Da der Republikaner Trump droht, das Atomabkommen zu annullieren, das der Demokrat Obama mit dem Iran ausgehandelt hatte, könnte es leicht einen Zusammenstoß in Syrien geben – z.B. ein weiteres kriminelles israelisches Bombardement –, der zu einem Angriff der Imperialisten, Zionisten und arabischen Monarchien auf den Iran führt. Die IG und LVI verteidigen das Recht des Irans, Atomwaffen zu besitzen, von denen Israel hunderte und die USA tausende haben.

Unterdessen ist allen Seiten klar, dass ein Angriff der Imperialisten und ihrer regionalen Lakaien auf russische Streitkräfte, die das Assad-Regime unterstützen, einen weit breiteren Krieg auslösen könnte, vielleicht von weltweitem Ausmaß – von der Ukraine, über das Baltikum und Norwegen, bis nach Korea. Möglicherweise könnte diese Aussicht jedoch die zionistischen Irren, oder die imperialistischen Hitzköpfe in Washing­ton nicht abschrecken – ob Trumps „Amerika-zuerst“-Fraktion oder die „Multilateralisten“ um die Demokraten und das Pentagon. Sie teilen einen gefährlich gestörten Glauben an ihre eigene unbegrenzte Macht und ihr „Recht“ auf Weltherrschaft. Zu diesen Kriegstreibern gehört Hillary Clinton, die demokratische Präsidentschaftskandidatin von 2016, die letztes Jahr die Bombardierung syrischer Flughäfen verlangte, genau das Programm, für das Hardliner im Trump-Regime sich heute einsetzen.

Die USA spielen ein gefährliches Spiel in Syrien und Nahost, das die Zukunft der Menschheit bedrohen könnte. Der einzige Weg, dem ein Ende zu bereiten, ist der Kampf dafür, den Imperialismus durch internationale sozialistische Arbeiterrevolution zu zerschlagen. Darum ist die wichtigste Antwort auf Trumps jüngstes tödliches Syrien-Abenteuer, ein Bruch mit den Demokraten, Republikanern und allen kapitalistischen Parteien und der Aufbau von revolutionären Arbeiterparteien in den USA und weltweit, die auf Grundlage des Programms der Bolschewiki von Lenin und Trotzki kämpfen ■


  1. 1. Siehe „For Workers Action to Defeat Barack Obama‘s Iraq/Syria War“ The Internationalist Nr. 38, Oktober/November 2015".
  2. 2. Siehe „Defend Raqqa – Drive U.S./NATO Imperialists Out of Syria and Iraq!“ The Internationalist Nr. 43, May-June 2016.
  3. 3. Siehe „Flashpoint Syria: Russian Intervention and Imperialist Aggression“ (30 Oktober 2015), nachgedruckt in The Internationalist Nr. 42. Januar-Februar 2016.